Corona begleitet uns seit Jahren. Hat eine an Long-Covid erkrankte Verkäuferin Anspruch auf gesetzlichen Unfallversicherungsschutz, auch wenn sie die Infektion am Arbeitsplatz nicht konkret beweisen kann? In dieser Frage hat jetzt das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg entschieden.
Die 58-jährige Klägerin arbeitete in einer Berliner Filiale einer Supermarktkette. Im Oktober 2020 wurde sie positiv auf Covid-19 getestet. Ihre Hausärztin meldete der Berufsgenossenschaft im Dezember 2021, dass die Verkäuferin seit März 2021 aufgrund eines Long-Covid-Syndroms dauerhaft arbeitsunfähig sei. Die Klägerin vermutete, sich am Arbeitsplatz infiziert zu haben, da viele Kunden keine Masken trugen und der Sicherheitsabstand oft nicht eingehalten wurde. Ihre sozialen Kontakte hätten damals fast ausschließlich am Arbeitsplatz stattgefunden, sehr wahrscheinlich habe sie sich auch dort infiziert. Die Berufsgenossenschaft lehnte eine Anerkennung als Arbeitsunfall allerdings ab, weil die Klägerin keine konkrete Person benennen konnte, bei der sie sich angesteckt hat und eine Infektion im privaten Umfeld nicht ausgeschlossen werden konnte. Auch das Landessozialgericht bestätigte diese Entscheidung und führte aus, dass eine Covid-19-Infektion zwar grundsätzlich als Arbeitsunfall anerkannt werden könne. In diesem Fall fehle jedoch der erforderliche Nachweis, dass die Infektion am Arbeitsplatz stattgefunden hatte. Es reicht nicht aus, dass das Infektionsrisiko im Arbeitsumfeld höher ist als im privaten Bereich, die bloße Wahrscheinlichkeit einer Infektion am Arbeitsplatz genügt nicht.
Nach den Angaben der Klägerin, ihrer Arbeitgeberin und den Ermittlungen des Gerichts konnte keine Kundin oder Kunde, Kollegin oder Kollege ermittelt werden, mit der oder dem die Klägerin im relevanten Zeitraum in Kontakt stand und bei der eine Covid-19-Infektion nachgewiesen wurde. Eine vollständige Isolation der Klägerin im privaten Bereich war nicht anzunehmen. Aufgrund der pandemischen Ausbreitung war es letztlich nicht aufklärbar, wo sich die Klägerin infiziert hatte. Der Hinweis auf ein erhöhtes Infektionsrisiko im Beruf reichte nicht aus, um eine konkrete Infektion nachzuweisen (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, L 3 U 114/23).